Lufttemperatur
Die Temperatur ist eine Zustandsgröße, die durch die mittlere kinetische
Energie aller Teilchen eines thermodynamischen Systems bestimmt
ist. In der Meteorologie charakterisiert sie den Wärmezustand der
Atmosphäre und wird aus praktischen Gründen in Grad Celsius angegeben
(0 °C = 273,15 K).
Die Lufttemperatur steht in enger Wechselwirkung mit anderen klimatischen
Größen (Luftdruck, relative Feuchte, Wind, Niederschlag) und trägt
so zum Wettergeschehen maßgeblich bei.
Allgemeine Aspekte und Einflussfaktoren
Das Temperaturgeschehen auf der Erde ist im Wesentlichen auf die
Umwandlung solarer Strahlungsenergie in Wärmeenergie innerhalb
der Atmosphäre und an der Erdoberfläche zurückzuführen.
Unterschiedliche Strahlungsverhältnisse begründen zeitlich
und örtlich verschiedene Lufttemperaturen. Wärmetransport
erfolgt hauptsächlich über Luftbewegung und Meeresströmungen,
weniger durch Wärmeleitung.
Entscheidend für die globale Temperaturverteilung sind Dauer
und Intensität der Sonneneinstrahlung im Verhältnis zur
Abstrahlung (Strahlungsbilanz). Durch den Wechsel zwischen Tag und
Nacht ist die Lufttemperatur eine Größe mit ausgeprägtem
Tagesgang. Weiterhin spielen geographische Breite und Jahreszeit
eine erhebliche Rolle (Einstrahlungswinkel). Der sich ergebende
tägliche und jährliche Strahlungszyklus ist ein wesentlicher
Faktor für die Ausbildung globaler Temperaturprofile und verschiedener
Klimazonen. Am Äquator variieren die mittleren Monatstemperaturen
nur zwischen 25 und 27 °C, während sie am Südpol zwischen
-13 und -48 °C schwanken (Nordpol: -1 bis -41 °C). Als globaler
Mittelwert werden 14,3 °C angegeben.
Die tatsächliche Temperatur an einem bestimmten Ort ist auf
spezifische groß- und kleinräumige Gegebenheiten zurückzuführen.
Bewölkungsgrad und Luftverunreinigungen behindern die Ein-
und Abstrahlung. Verschiedenste physikalische Aspekte wie unterschiedliche
Absorptions- und Reflexionsgrade von Materialien, verschiedene Wärmekapazitäten
der Stoffe, Wärmeleitfähigkeit der obersten Erdschichten
oder das Auftreten von Umwandlungswärme bei Zustandsänderungen
sind zur Erklärung des Temperaturgeschehens heranzuziehen.
Größere Wasserflächen oder feuchte Areale, Eisflächen,
bestimmte Gesteinsarten oder großflächige Bebauung wirken
als Wärmespeicher. Wald, Gebirge, hohe Gebäude u.ä.
behindern den horizontalen Luftaustausch (Advektion). Versiegelte
oder bewachsene Flächen sind sehr verschieden im Vermögen
Feuchtigkeit aufzunehmen und zu verdunsten. Dies sind nur einige
Beispiele der komplexen Einflüsse auf die Temperatur. Die geringe
Wärmekapazität der Luft ermöglicht "schnelle"
lokale und zeitliche Änderungen ihrer Temperatur.
Die Lufttemperatur ist abhängig von der Höhe des Messortes.
Im Allgemeinen sinkt sie mit zunehmender Höhe über NN
um 0,5 bis 0,8 °C je 100 m (in der unteren Atmosphäre).
Unter besonderen Bedingungen kann es jedoch auch zu einer umgekehrten
Temperaturschichtung kommen, man spricht dann von einer Inversion.
Die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht erreichen im Sommer deutlich
höhere Werte als im Winter.
Besonderheiten in der Stadt
Im Stadtklima liegt die Lufttemperatur um mehrere Zehntel bis einige
Grad über der Temperatur des Umlandes (Wärmeinsel). Der
Temperaturgang hinkt besonders im Maximumbereich (Nachmittagsstunden)
dem des Freilandes um ein bis mehrere Stunden hinterher. Im Tagesminimum
(Ende der Nacht) ist der Wärmeinseleffekt der Stadt am größten
(höchste Temperaturdifferenz zwischen Stadt und Umland). Bodeninversionen
in den Nacht- und frühen Morgenstunden treten seltener und
schwächer auf als außerhalb der Städte. Diese Erscheinungen
lassen sich auf das Zusammenwirken verschiedenster
Ursachen zurückführen:
- Bebauung und Versiegelung steigern die Wärmespeicherung.
- Versiegelung und eine geringere Vegetationsdichte mindern die
Verdunstung (weniger Verdunstungskälte).
- Durch Luftverunreinigungen wird verstärkt (langwellige)
Wärmestrahlung absorbiert (Treibhauseffekt). Die Atmosphäre
heizt sich stärker auf als im freien Gelände.
- Der horizontale Wärmetransport ist durch erhöhte
"Rauigkeit" der Erdoberfläche (Bebauung) behindert.
- Verkehr, Industrie, Heizung usw. erzeugen zusätzlich Wärme.
Daten von Jena
Das Jahresmittel der Lufttemperatur beträgt in Jena 9,3 °C. Der Januar mit 0,4 °C und der Juli mit 18,2 °C sind die Monate mit dem tiefsten bzw. höchsten Temperaturmittelwert.
Extrema der Lufttemperatur lagen im Winter bei –23,5 °C, im Sommer
bei +37,7 °C. (Messstelle Schillergäßchen, 1961-1990)
Messverfahren und Messgeräte
Die Messverfahren nutzen die unterschiedliche Wärmedehnung
verschiedener Stoffe sowie Temperaturabhängigkeit des elektrischen
Widerstandes oder Thermospannungen aus.
Flüssigkeitsthermometer:
Das Flüssigkeitsthermometer wurde wahrscheinlich um 1611 von
Galilei erfunden. Als Messsubstanzen haben sich vor allem Quecksilber
und Alkohol bewährt, wobei Alkohol besonders für tiefe
Temperaturen geeignet ist (Gefrierpunkt unter –100 °C).
Bimetallthermometer:
Zwei Streifen aus verschiedenen Metallen sind zusammengeschweißt.
Jede Temperaturänderung ruft eine Krümmung des Bimetalls
hervor, die über Hebelarme einen Zeiger oder Schreiber auslenkt.
Letztere Variante ist der Bimetallthermograf und dient zur kontinuierlichen
Registrierung.
Widerstandsthermometer:
Widerstandsthermometer können mit Halbleitern (Heißleiter-
) oder mit Metallen (Kaltleiter-Widerstandsthermometer) arbeiten.
Bei Metallen erhöht sich der Widerstand mit der Temperatur,
hingegen nimmt er bei Halbleitern im allgemeinen ab (Thermistoren).
Besonders weit verbreitet ist das Platin-Widerstandsthermometer
Pt 100. Bei ihm entsprechen 100 Ohm genau 0 °C und eine Temperaturänderung
um 1 K verändert den Widerstand um 0,3 ... 0,4 Ohm. Bei neueren
Ausführungen ist der Platindraht in Keramikplättchen oder
-zylinder eingebrannt. Eine Vierleiter-Schaltung minimiert systematische
Fehler, z.B. durch Zuleitungswiderstände.
Mit Minimum- und Maximumthermometer werden die täglichen Extremwerte
der Lufttemperatur erfasst.
Standort
Um Einflüsse der Umgebung auf die gemessene Lufttemperatur möglichst
gering zu halten, sollte die Messstelle 2 m über mit kurzgehaltenem
Gras bedeckten Boden angeordnet sein (die bodennahe Luftschicht ist
nicht repräsentativ!). Der Sensor selbst ist gegen direkte Strahlung
abzuschirmen, sollte aber gut belüftet sein. Ein ausreichender
Abstand zu größeren Gegenständen, die den Luftraum
"einengen", muss eingehalten werden. Ein Schutz
gegen Niederschlag sowie mechanische Beschädigungen ist ebenso
erforderlich.
Messbereich, Messgenauigkeit und Kalibrierung
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Messbereich |
Messgenauigkeit |
Quecksilberthermometer |
-30 ... 50 °C |
0,1 K |
Bimetallthermometer |
z.B. -35 ... 45 °C |
0,5 ... 1 K |
Pt 100 |
-200 ... 850 °C |
0,1 ... 0,2 K |
Als Eichthermometer werden Quecksilberthermometer verwendet,
die der Eichgültigkeitsverordnung genügen.
Körper mit großer Wärmekapazität und
Flächen mit hohem Reflexionsvermögen beeinflussen
die Temperatur der angrenzenden Luft. Besonders bei geringer
Windgeschwindigkeit können auch am abgeschirmten Thermometer
etwas zu hohe Werte gemessen werden (bis zu 1 ... 2 K).
Auswertung der Messwerte
Als erstes ist der Tagesgang der Lufttemperatur von Interesse. Dabei
kann sowohl ein einzelner Tag mit besonderen Wettererscheinungen betrachtet
werden als auch eine Mittelung über eine bestimmte Anzahl von
Tagen.
Das wahre Tagesmittel der Lufttemperatur (arithmetisches Mittel
aller Stunden- oder 10-Minuten-Meßwerte) unterscheidet sich
vom traditionell üblichen Tagesmittelwert der Temperatur: ¼
x (T1 + T2 + 2 x T3); T1, T2 und T3 sind dabei die Temperaturwerte
zu den klimatologischen Beobachtungsterminen, den sogenannten "Mannheimer
Stunden" (7, 14 und 21 Uhr Wahre Ortszeit). Aus den Tagesmittelwerten
ergeben sich dann Monats- und Jahresmittel.
Zur Bewertung eventueller klimatologischer Veränderungen werden
30-jährige Reihen betrachtet: Mittelwertbildung gleicher Art
über viele Jahre (als "Normalperioden" wurden 1901-1930,
1931-1960, 1961-1990 usw. festgelegt). Dies trifft auch für
alle anderen Klimaelemente zu.
Neben den Mittelwerten der Temperatur werden Minimum und Maximum
eines Tages registriert. Die Differenz beider Extrema wird als Tagesschwankung
bezeichnet.
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